So war’s auf der Brücke 20.0

20 Jahre Deutsch-Tschechischer Zukunftsfonds

In der dritten Diskussion, die in der Straßenbahn Nr. 20 auf der Brücke 20.0 stattgefunden hat, konnten die Besucher den Zukunftsfonds durch die beiden Geschäftsführer Petra Ernstberger und Tomáš Jelínek besser kennenlernen.

Während Tomáš Jelínek bereits seit 2005 der tschechische Geschäftsführer des Fonds ist, wurde Petra Ernstberger erst zu Beginn dieses Jahres Geschäftsführerin. Der Bereich der deutsch-tschechischen Beziehungen und der deutsch-tschechischen Zusammenarbeit ist ihr allerdings keinesfalls fremd: Im deutschen Bundestag war sie 20 Jahre lang die Vorsitzende der deutsch-tschechischen Parlamentariergruppe, zudem Mitglied des Verwaltungsrates des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds und sie hat sich auch darüber hinaus intensiv für die deutsch-tschechischen Beziehungen engagiert.

Beide sprachen auch über ihre langjährigen Erfahrungen, als sie die Weiterentwicklungen einschätzten, die in der deutsch-tschechischen Zusammenarbeit in den letzten Jahren verlaufen sind. Während die Beziehungen zu Beginn sehr durch die Geschehnisse aus der Vergangenheit gezeichnet waren und ein Dialog bisweilen schwierig war, ist dieser in der heutigen Zeit einfach so natürlich, dass beide Seiten sich an einen Tisch setzten und gemeinsam nach Lösungen suchen.

Eines der Formate, das dafür genutzt wird, sind die Treffen des Deutsch-Tschechischen Gesprächsforums, welches im gleichen Jahr wie der Zukunftsfonds gegründet worden ist – und nun ebenfalls 20 Jahre feiert. Das Forum ist als eine Plattform für Menschen aus allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, der Politik, der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft zu begreifen. Während zu Beginn konstruktive Wege gefunden werden mussten, wie man tschechische, deutsche und sudetendeutsche Politiker zusammen ins Gespräch bringen kann, hat sich seine Mission im Laufe der Jahre entwickelt. Heute ermöglicht es auch Diskussionen kontroverser Themen, die sonst zu Missverständnissen führen können. Die Teilnehmer des Forums sind darum bemüht, eine schwarz-weiße Weltsicht abzubauen, sie betreiben Ursachenforschung und interessieren sich auch dafür, wie und warum welches Land zu seinen Entscheidungen gekommen ist. Große Themen in den letzten Jahren waren Energie und die wachsende Xenophobie.

Der Zukunftsfonds begann seine Tätigkeit vor zwanzig Jahren vor allem damit, die Entschädigung von Nazi-Opfern umzusetzen. In den Folgejahren wurden auch seine Aufgaben ausgebaut, einige Pfeiler und Prioritäten blieben jedoch gleich. Zu diesen gehören auf jeden Fall der Jugendaustausch und der kulturelle Bereich. Gerade die Kultur hat für den Fonds eine doppelte Bedeutung. Es handelt sich einerseits um den Bereich, in dem sich Deutsche und Tschechen bei der Schaffung gemeinsamer künstlerischer Werke begegnen und Freundschaften knüpfen können, andererseits lassen sich dadurch auch Erscheinungen und wichtige Themen vermitteln, die gerade im Nachbarland aktuell sind, was schließlich zum gegenseitigen Verständnis beiträgt.

Der Fonds bemüht sich auch, mit seiner Tätigkeit auf aktuelle Herausforderungen der Gegenwart zu reagieren. Dies wird vor allem durch das sogenannte „Thema des Jahres“ (in der Vergangenheit handelte es sich dabei z.B. um Themen wie Migration, Medien, Zivilgesellschaft) umgesetzt. Die Entscheidung, welche Problematik das Thema des Jahres wird, wird nicht im stillen Kämmerlein gefällt, sondern durch die Kommunikation mit anderen aktiven Akteuren der deutsch-tschechischen Beziehungen. Und deshalb ist es für den Fonds so wichtig, dass sich Menschen von außen mit ihren Ideen an seine Mitarbeiter wenden.

Ein großes Thema ist zudem der Aufbau und die Stärkung der Bürgergesellschaft in Deutschland und der Tschechischen Republik. In Tschechien gibt es keine politische Bildung in dem Sinne, wie es in Deutschland geläufig ist. Der Zukunftsfonds versteht politische Bildung jedoch nicht nur als Vermittlung von Informationen darüber, wie ein demokratisches System funktioniert, sondern eher als einen breiteren Zugang, der zum Kennenlernen der eigenen Geschichte und Wahrnehmung bestimmter Werte führt. Eine Reihe der Projekte, die vom Fonds gefördert werden, hat sich dieser Ausrichtung angenommen. Dafür, dass in Tschechien auch eine Einrichtung wie die Bundeszentrale für politische Bildung in Deutschland eingerichtet wird, wäre jedoch ein größerer Wille seitens der Politik notwendig.

Die Aufgabe des Fonds ist es, anderen zu helfen. Was würde ihm jedoch selbst helfen? Nach Tomáš Jelínek wäre eine Möglichkeit, wenn die Öffentlichkeit öfter die Gelegenheit bekommen würde, gute Nachrichten zu hören, was in der deutsch-tschechischen Zusammenarbeit alles gerade einwandfrei funktioniert. Das würde die Atmosphäre in der Gesellschaft insgesamt wahrscheinlich positiv beeinflussen. Petra Ernstberger würde sich wünschen, dass mehr Menschen zu ihnen kommen würden mit Anregungen, was sich im Bereich der deutsch-tschechischen Zusammenarbeit noch verbessern ließe. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt, sie ist sogar erwünscht!